Ein Jahr ist es her, seit sich der Geislinger Stadtjugendring (SJR) eine Neuausrichtung verordnet hat, strukturell wie inhaltlich. Das erklärte Ziel: Der Dachverband der Geislinger Vereine und Organisationen, die Jugendarbeit betreiben, will seine Rolle als Dienstleiter ausbauen. Zugleich wird er seine politische Arbeit forcieren. Mit dem Bündnis für Jugendbeteiligung, sprich: einer engen Kooperation mit Jugendgemeinderat und Stadtjugendreferat, ist der erste Schritt in dieser Richtung bereits getan.
„Der Jugendgemeinderat hat laut Gemeindeordnung das Recht, bei jugendrelevanten Themen die Kommunalpolitik mitzugestalten, hat deshalb Rede-, Anhörungs- und Antragsrecht im Gemeinderat“, sagt Holger Schrag, Vorsitzender des Stadtjugendrings, „aber die Jugendgemeinderäte brauchen Unterstützung, fachlich wie personell. Das heißt, wir arbeiten dem Jugendgemeinderat zu, tragen aber zugleich das Wissen über Jugendbeteiligung an unsere Mitglieder weiter.“
Bleibt die Aufgabe als Dienstleister. Das ist der Stadtjugendring materiell mit Spielmobil, Zeltverleih, Geschirrmobil und WC-Wagen mehr als nur ordentlich bestückt. Gerade das Spielmobil ist Kernstück der Neuausrichtung mit Hüpfburg, mobiler Soccer-Arena, Rollenrutsche, Einrädern, Minigolf, Geschicklichkeitsspielen und so fort. „Bislang war das Problem, dass wir niemand hatten, der sich so richtig darum gekümmert hat“, sagt Schrag. Was bei einem ehrenamtlich geführten Verband kaum überrascht. Nun aber hat sich der Stadt- mit Kreisjugendring (KJR) – der nennt ebenfalls ein Spielmobil sein eigen – zusammengetan. „Beim Kreisjugendring gibt es eine hauptamtliche 50-Prozent-Stelle, die nur für das Spielmobil zuständig ist. Nun werden beide Mobile über diese Stelle verwaltet“, sagt Schrag. Zuständig beim KJR ist die Pädagogin Janina Söll, die auch die Schulung von ehrenamtlichen Betreuern übernimmt. „Das heißt, beide Verbände teilen sich dann einen Personalpool.“
Buchen können das Spielmobil alle Mitglieder des Stadtjugendrings, außerdem – so will es der SJR – soll es auch spontane Aktionen geben, „wer Lust hat, mal an einem Wochenende eine Spielaktion zu starten, hat Zugriff auf das Mobil“. Und damit das Angebot bekannter wird, bewirbt es der Stadtjugendring auf seiner neuen Homepage sjr-geislingen.de, die Ende Januar online geht. Außerdem gibt es noch einen Flyer mit dem Portfolio. „Wir haben eine Ressource, die bislang viel zu wenig genutzt wird. Das soll so nicht bleiben“, betont Schrag.
Was auch für den Rest des Verleiharsenals gilt, welches der SJR neu ordnet. „Im Endeffekt kann man bei uns alles für Feste leihen – von Zelten über die Musikanlage und das Geschirr bis hin zu Stromverteilern, Kabel und Werkzeug“, sagt Schrag. Allerdings ist das totes Kapital, wenn es nur sporadisch in den Verleih geht. „Indem wir das Verleihgeschäft forcieren, generieren wir Einnahmen, die wir dann in Instandhaltung, Verbesserung und Ausbau unseres Equipments investieren. Davon profitieren wiederum unsere Mitglieder.“ Wobei sich nicht nur die bedienen können, sondern auch „Nichtmitglieder, das heißt, Einrichtungen die Jugendarbeit machen sowie Betriebe und Firmen.“ Für diesen Fall gelten gestaffelte Leihgebühren.
Schlussendlich verpasst sich der Stadtjugendring noch eine neue Corporate Identity, ein neues Erscheinungsbild, sichtbar durch ein neues Logo – „und zwar mit kompletten Schriftzug, nicht nur mit dem Kürzel SJR. Mit dem können viele Leute nichts anfangen, wenn sie es auf unseren Bannern sehen“.
Kommentar: Mehr als nur vernünftig
Es ist ein ambitioniertes Ziel, das sich der Geislinger Stadtjugendring (SJR) gesetzt hat: Zum einen das politische Sprachrohr seiner Mitglieder zu sein, zum anderen seine Rolle als Dienstleister stärker in den Vordergrund zu stellen. Klar, neu ist beides nicht. Doch es zeugt von Weitsicht, wenn der Stadtjugendring gerade jetzt diese Themen aufgreift und beackert. Und das eine macht ohne das andere wenig Sinn.
Fakt ist: Durch den Paragraf 41a der Gemeindeordnung hat Jugendbeteiligung und damit Jugendarbeit ein ganz neues Gewicht bekommen. So gesehen wäre es grob fahrlässig, diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen. Schließlich ist dieses Engagement auch ein deutliches Signal an die Mitglieder – zumal man in dieser Situation nicht das Rad neu erfinden muss. Es reicht schon, das bestehende Netzwerk auszubauen, die Kontakte mit den Vereinen zu vertiefen, Anliegen und Information weiterzutragen – wohlgemerkt in beide Richtungen – kurzum: das eigene fachliche Know-how vermehrt in die Waagschale zu werfen. Davon profitieren zum einen die Mitglieder des Stadtjugendrings, die nun über Stadtjugendring und Jugendgemeinderat (JGR) eine kommunalpolitische Lobby haben. Zum anderen leistet der Stadtjugendring eine wichtige Zulieferarbeit für den JGR, der weder personell noch fachlich das breite Feld der Jugendbeteiligung alleine beackern könnte.
Genauso ist es vernünftig, sich als Stadtjugendring wieder vermehrt auf die Rolle als Dienstleister zu besinnen und damit offensiv zu werben. Der Stadtjugendring hat ein Arsenal an Gerätschaften, nach dem sich manch anderer – Verein, Verband, Institution, egal wer – die Finger lecken würde. Somit kann es nicht Sinn der Sache sein, wenn das meiste davon an 300 Tagen im Jahr nur im Lager rumsteht. Das ist wie einen Porsche in der Garage zu haben, um damit einmal im Monat zum Bäcker um die Ecke zu fahren. Totes Kapital nennt man das.
Es geht bei dieser Geschichte nicht darum, in Konkurrenz zu professionellen Verleihfirmen zu treten – das verbietet schon die Gemeinnützigkeit – sondern die eigenen Mitglieder zu unterstützen. Für einen Verband, der sich nicht zuletzt über öffentliche Mittel und Zuschüsse finanziert, ist das sogar ein Stück weit Daseinsberechtigung. Dass dieser Verband nun sogar den Ehrgeiz entwickelt, sich als Geislinger Marke zu positionieren, ist nicht nur aller Ehren wert, sondern vorbildlich.